Bereitschaftspflege

Bereitschaftspflege für Kinder und Jugendliche: Wenn jede Minute zählt

Im komplexen Geflecht der Kinder- und Jugendhilfe spielt die Bereitschaftspflege eine überaus kritische und anspruchsvolle Rolle. Sie ist das schnellste und direkteste Schutzangebot für Kinder und Jugendliche, die akut aus ihrer Herkunftsfamilie genommen werden müssen, weil ihr Wohl unmittelbar gefährdet ist. Bereitschaftspflegefamilien sind die ersten Ankerpunkte in einer oft chaotischen und beängstigenden Situation für die betroffenen Kinder.

Was ist Bereitschaftspflege?

Bereitschaftspflege bezeichnet die unverzügliche, vorübergehende Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen in einer speziell qualifizierten Pflegefamilie. Das Besondere an der Bereitschaftspflege ist ihre Eilbedürftigkeit: Die Aufnahme erfolgt oft innerhalb weniger Stunden nach der Entscheidung des Jugendamtes oder einer gerichtlichen Anordnung zur Inobhutnahme. Die Dauer eines Bereitschaftspflegeverhältnisses ist in der Regel sehr kurz – von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen, in Ausnahmefällen auch mal einige Monate – da sie als Übergangsphase dient, bis eine langfristige Perspektive für das Kind geklärt ist.

Wann wird Bereitschaftspflege notwendig?

Der Bedarf an Bereitschaftspflege entsteht immer dann, wenn das Kindeswohl akut und unmittelbar gefährdet ist und keine andere sofortige Betreuungslösung zur Verfügung steht. Typische Situationen sind:

  • Akute Kindeswohlgefährdung: Verdacht auf Misshandlung, Vernachlässigung oder sexuellen Missbrauch.
  • Plötzlicher Ausfall der Eltern: Unerwartete Krankenhausaufenthalte, Haftantritt, psychische Krisen oder andere Notfälle, bei denen niemand für das Kind sorgen kann.
  • Krisenintervention: Wenn eine Familie so stark unter Druck steht, dass eine akute Entlastung und Trennung für das Kindeswohl notwendig ist.
  • Polizeiliche Maßnahmen: In Fällen, in denen die Polizei das Kind aus einer akuten Gefahrensituation herausnimmt.

Die Entscheidung für eine Bereitschaftspflege ist stets eine Reaktion auf eine Notlage und erfordert schnelles und entschlossenes Handeln.

Die Rolle der Bereitschaftspflegefamilie

Bereitschaftspflegefamilien sind außergewöhnlich belastbar und flexibel. Sie müssen jederzeit bereit sein, ein ihnen unbekanntes Kind, oft mit schweren traumatischen Erfahrungen, aufzunehmen. Ihre Hauptaufgaben umfassen:

  • Schutz und Stabilisierung: Dem Kind sofortige Sicherheit, Geborgenheit und einen geschützten Raum bieten.
  • Erstversorgung: Sicherstellung der Grundbedürfnisse (Essen, Schlafen, Hygiene, Kleidung) und ggf. medizinische Erstversorgung.
  • Beobachtung und Dokumentation: Aufmerksame Beobachtung des Verhaltens und der Bedürfnisse des Kindes, um dem Jugendamt wichtige Informationen für die weitere Perspektivklärung zu liefern.
  • Professionelle Kooperation: Enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, Ärzten, Therapeuten und eventuell der Polizei.
  • Empathie und Geduld: Dem Kind in seiner Verunsicherung begegnen und ihm mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld begegnen, auch wenn es schwierig ist.

Herausforderungen der Bereitschaftspflege

Diese Form der Pflege ist anspruchsvoll:

  • Unvorhersehbarkeit: Die Kinder kommen oft ohne Vorankündigung und mit unterschiedlichen Hintergründen und Verhaltensweisen.
  • Kurzfristigkeit der Beziehung: Die Bereitschaftspflegefamilie weiß, dass die Zeit mit dem Kind begrenzt ist, was den Abschied erschweren kann.
  • Traumatisierte Kinder: Viele Kinder haben belastende Erfahrungen gemacht, die sich in ihrem Verhalten widerspiegeln können.

Trotz dieser Herausforderungen ist das Engagement von Bereitschaftspflegefamilien von unschätzbarem Wert. Sie sind die ersten, die einem Kind nach einer Krise Halt geben und den Grundstein für eine positive weitere Entwicklung legen.


Der entscheidende Unterschied zur Kurzzeitpflege

Obwohl sowohl die Bereitschaftspflege als auch die Kurzzeitpflege temporäre Betreuungsformen sind, liegt der wesentliche Unterschied in der Dringlichkeit und dem Anlass der Aufnahme.

Die Kurzzeitpflege hingegen ist eine geplante, temporäre Entlastungs- oder Überbrückungsmaßnahme. Sie wird in der Regel im Vorfeld organisiert, wenn abzusehen ist, dass die Herkunftsfamilie für einen definierten Zeitraum (z.B. wegen Krankheit, Urlaub, Reha) nicht für das Kind sorgen kann oder eine Entlastung benötigt wird. Es kann auch eine geplante Anbahnung stattfinden. Sie ist kein Notfallangebot im selben Sinne wie die Bereitschaftspflege.

Die Bereitschaftspflege ist eine akute Krisenintervention. Sie dient dem sofortigen Schutz des Kindeswohls bei einer plötzlichen und unvorhersehbaren Gefährdung. Die Aufnahme erfolgt notfallmäßig und oft ohne vorherige Anbahnung. Die Verweildauer ist in der Regel sehr kurz, bis eine erste Klärung der Situation erfolgt ist.